Flucht. Eine Menschheitsgeschichte
Büchergilde-Salon
Am Mittwoch, den 20. Juli 2022 ging unsere Veranstaltungsreihe „Büchergilde-Salon“ in die nächste Runde. Diesmal fanden Lesung und Gespräch zu dem Thema „Flucht“ statt. Trotz extremer Hitze und sich anbahnender Gewitter fanden einige Literaturinteressierte den Weg zum Foyer der IG Metall Verwaltungsstelle in Frankfurt am Main.

Auf der Bühne führte Andreas Platthaus, Journalist der FAZ, das Gespräch mit Autor Andreas Kossert über sein Buch Flucht. Eine Menschheitsgeschichte. Dem promovierten Historiker war es besonders wichtig, in seinem Sachbuch nicht nur bloße Zahlen und Statistiken aufzuzählen, sondern ganz gezielt eine erfahrungsgeschichtliche Dimension einzubinden. Hierfür eignen sich laut Kossert literarische Zeugnisse aus Belletristik, auf die andere Historiker oft verzichten. Wie solle er beispielsweise als nicht betroffene Person in der Lage sein, das Heimweh der Flüchtlinge zu beschreiben? Seine lebensnahen Schilderungen wären nicht möglich gewesen, ohne die tatsächlich gelebten Erfahrungen der Flüchtlinge zu zitieren.

Literarisch begleitet wurde der Gesprächsabend von drei Lesungsteilen aus Erich Maria Remarques Roman Die Nacht von Lissabon. Die ehemalige Büchergilde-Kollegin und Schauspielerin Sarah Baumann brachte die verschiedenen Stimmungen des Textes sprachlich kunstvoll und hoch emotional dem Publikum näher und sorgte mit ihrer Lesung für eine ganz besondere, ruhige Atmosphäre.

Ein weiteres Highlight waren zudem die musikalischen Darbietungen des Fado-Musikers Manuel Campos. Er selbst musste 1972 vor der faschistischen Diktatur in Portugal flüchten und kam nach Deutschland. Seine Erfahrungen aus dieser Zeit bringt er sowohl auf Deutsch als auch auf Portugiesisch in seinen Liedern zum Ausdruck. Der Klang seiner Stimme und Gitarre kam in dem deckenhohen Foyer der IG Metall ganz besonders zur Geltung. Gegen Ende des Salonabends stieg auch das Publikum vor Ort in den Gesang mit ein.

Trotz der ungewöhnlich hohen Temperaturen in Frankfurt wurde dieser Büchergilde-Salon zu einem vollen Erfolg. Und wer sich nicht vor die Türe wagen wollte, konnte den Abend per Live-Stream über YouTube verfolgen. Dort können Sie die aufgezeichnete Veranstaltung auch nachträglich noch ansehen.

Am Büchertisch unserer Frankfurter Partnerbuchhändlerin Lisa Stöhr konnte im Anschluss an das Gespräch sowohl Andreas Kosserts Werk Flucht. Eine Menschheitsgeschichte als auch Erich Maria Remarques beeindruckender Roman Die Nacht von Lissabon erworben werden. Bei einem erfrischenden Getränk, typischen Frankfurter Leckereien wie Grüner Soße und anregenden Gesprächen klang dieser interessante Büchergilde-Salon aus. Wir danken allen Beteiligten sehr herzlich.
Der Autor

Andreas Kossert, geboren 1970, studierte Geschichte, Slawistik und Politik. Der promovierte Historiker arbeitete am Deutschen Historischen Institut in Warschau und lebt seit 2010 als Historiker und Autor in Berlin. Auf seine historischen Darstellungen Masurens (2001) und Ostpreußens (2005) und zu den deutschen Vertriebenen nach 1945 (Kalte Heimat, 2008) erhielt er begeisterte Reaktionen. Zuletzt erschien von ihm Flucht. Eine Menschheitsgeschichte, das mit dem NDR-Kultur Sachbuchpreis 2020 und Das politische Buch 2021 der Friedrich-Ebert-Stiftung ausgezeichnet wurde.
Der Autor

Erich Maria Remarque (1898-1970), geboren in Osnabrück, wurde 1916 als Soldat eingezogen; nach dem Krieg arbeitete er als Redakteur in Hannover und Berlin. 1932 verließ Remarque Deutschland und lebte zunächst im Tessin/Schweiz. Seine Bücher Im Westen nichts Neues und Der Weg zurück wurden 1933 von den Nazis verbrannt, er selber wurde 1938 ausgebürgert. Ab 1939 lebte Remarque in den USA und erlangte 1947 die amerikanische Staatsbürgerschaft. Er starb im Tessin.