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Willkommen bei den schönen Büchern


WAS WIR LESENPascal_weißer Rand.jpg
Die drei Leben der Uta L. – Sexarbeit, Spitzeldienst und dann zum Schluss?

In einer Rezension zu Clemens Böckmanns Debüt, Was du kriegen kannst, ist von einem Rechercheroman die Rede. Der Begriff trifft es wirklich gut.

Anfangs wirken die Treffen zwischen Uta und dem Erzähler wie stilisierte Zufallsbegegnungen. Doch allmählich entsteht so etwas wie eine Beziehung. Die Rahmenhandlung bilden dabei die Begegnungen selbst. Immer wieder schneiden wir von den Gesprächen zu STASI-Akten und Schilderungen der Zeitzeugin, welche zusammen ein komplexes und widersprüchliches Bild von Uta zeichnen: als junge Frau auf der Flucht vor Tristesse, als kühle inoffizielle Mitarbeiterin (IM), als alte Frau, die ihre Geschichte selbst erzählen will.

Böckmann geht in seinem Roman außerdem auf eine sehr interessante Art auf DDR-Schicksale, patriarchale Strukturen und die Methoden des STASI-Apparats ein. Mich beschäftigt dennoch am meisten, wie ambivalent mir Uta bleibt. Ob ich sie mag, weiß ich nicht. Ob das wichtig ist? – Ich denke nicht .

Ein Buch, das mein Urteilsvermögen auf die Probe stellt, während es in bemerkenswert plastischer Weise versucht, den Stil der Zone greifbar zu machen. 

Pascal Wandke unterstützt als Assistent den Geschäftsführer. Er liebt Bücher, kann sich aber nicht entscheiden ob nun eher den Inhalt oder die Gestaltung. – „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust […].“ 

WAS WIR LESENSophie_weißer Rand.jpg
Schmerzhaft sanft

Jaqueline Scheiber erzählt in ihrem Romandebüt dreimeterdreißig eine Liebesgeschichte, der durch einen überraschenden Tod ein abruptes Ende gesetzt wird. Dabei findet sie klare sanfte Worte für die Beschreibung der Liebe, Trauer und auch ein wenig Hoffnung für das Danach.

Im Zentrum von dreimeterdreißig steht das junge Paar Klara und Balázs – direkt zu Beginn werden wir Leser:innen mit der schlimmen Wahrheit konfrontiert: Balázs liegt neben Klara im Bett, er ist tot. Zwischen die Passagen von Klaras anschließender Trauer und Ohnmacht verwebt die Autorin Rückblicke dieser besonderen Beziehung. Klara und Balázs erscheinen dabei als psychologisch fein ausgearbeitete Figuren, die sich so wahrhaftig anfühlen wie die Liebe zwischen den beiden.

Allen, die eine besondere, schmerzhaft sanfte Liebesgeschichte lesen wollen, empfehle ich unbedingt dieses Buch!

Sophie Arnold ist bei der Büchergilde für Pressearbeit und Veranstaltungen zuständig und fühlt sich von traurigen Liebesgeschichten mehr angesprochen als von Happy Ends.

WAS WIR LESENNicole_weißer Rand.jpg
Perspektivwechsel

Poetisch und philosophisch, aber auch alltäglich und lebensnah. Samantha Harvey nimmt uns mit auf ihre Umlaufbahnen und zu ihren Blickwinkeln auf die Erde, auf unseren Lebensraum. Denn das ist er: Unser Raum zum Leben ist die Erde, ein Kreisen darum oder ein Träumen von einem neuen, wie z. B. dem Mars, gehört noch nicht zu unserer Lebenswirklichkeit. Und das spürt man auch, wenn man den einen Alltag der sechs Astro- bzw. Kosmonauten in der Raumstation mitverfolgt. Ihre Gedanken und Träume bringen uns nahe, dass ihr Verweilen dort, in der Raumstation, eben nur eine Weile dauern kann und auch sollte. Das echte Leben, das, woran sie immer wieder denken, spielt sich weit entfernt, unter, über neben ihnen ab. Es lässt sie nie los, danach sehnen sie sich. Aber die immer wieder neuen Perspektiven auf die Erde, die Sonnenunter- und Sonnenaufgänge lassen auch neue, objektivere Sichtweisen auf unseren Lebensraum, auf unsere Lebensweisen entstehen. Mich hat dieses Auf und Ab, der Rhythmus von Hell und Dunkel im Roman in eine Art Gleichmütigkeit hineingezogen und mich sowohl etwas besorgt zurückgelassen als auch befreit und erhellt.

Nicole Duplois versucht, sich noch mehr Zeit fürs Lesen freizuhalten und wirkt in der Herstellungsabteilung an verschiedenen Ecken und Enden mit.

WAS WIR LESENMaria_weißer Rand.jpg
Verdorben, aber gleichzeitig unschuldig

In seinem neuen Roman Die Verdorbenen untersucht Michael Köhlmeier die Schattenseiten der Liebe, der Jugend und der menschlichen Seele. Johann, Student im Marburg der 1970er, äußert bereits als Kind den Wunsch, mal einen Menschen zu töten. Als er auf das Paar Christine und Tommi trifft, gerät sein Leben aus den Fugen. Christine beschließt bei ihrer ersten Begegnung, sie sei von jetzt an mit Johann zusammen. Zunächst irritiert, lässt er sich darauf an. Es entwickelt sich eine vertrackte Beziehung zwischen den Dreien, geprägt von Abhängigkeiten, Lust und Sucht. Und auch Johanns Wunsch soll noch in Erfüllung gehen … 

Die Verdorbenen ist ein Roman, der so erschreckend wie faszinierend ist. In vielen Moment erscheint Johann teilnahmslos, das Leben passiert ihm einfach. Gerade diese fehlende Anteilnahme macht sein Verhalten aber auch so schrecklich – wie der Autor selbst sagt: „Das wahre Böse ist das Böse ohne Grund.“ 

Maria Voßhagen arbeitet als Werkstudentin im Digitalteam der Büchergilde, hat selbst dreieinhalb Jahre in Marburg studiert und ist großer Fan der detaillieren Stadtbeschreibungen im Roman.

Ankündigung: Neuerscheinungen im Juni 2025


Belletristik

  • Clemens Böckmann, Was du kriegen kannst
  • Samantha Harvey, Umlaufbahnen
  • Cristina Henríquez, Der große Riss
  • Daniel Glattauer, In einem Zug
  • Michael Köhlmeier, Die Verdorbenen
  • Richard Powers, Das große Spiel
  • Ron Rash, Der Friedhofswärter
  • Jaqueline Scheiber, dreimeterdreißig
  • Josephine Tey, Wie ein Hauch im Wind (Klassiker/Spannung)


Neues in den Büchergilde-Reihen

  • Büchergilde Weltempfänger: Victor Heringer, Die Liebe vereinzelter Männer
  • Büchergilde unterwegs: Kurt Tucholsky, Ein Pyrenäenbuch

 

Die Liste als PDF

Illustrierte Titel

  • Thomas Mann; Karl-Georg Hirsch (Ill.), Der kleine Herr Friedemann (Überarbeitete Nachauflage)


Biografische Schriften

  • Gabriele Tergit, Im Schnellzug nach Haifa


Sachbuch

  • Volker Weiß, Das Deutsche Demokratische Reich
  • Volker Heise, 1945
  • Helene Bracht, Das Lieben danach