Die Geschichte der Büchergilde in der Schweiz


Die 1924 in Berlin gegründete Büchergilde Gutenberg war ein Projekt der Arbeiterbildung und verlegte kritische und aufklärerische Literatur in handwerklich und typografisch sorgfältig ausgestatteten Ausgaben zu günstigen Preisen. Als 1933 nach der Machtübernahme der Nazis das deutsche Mutterhaus von der SA gestürmt wurde, rief der Präsident der SP Schweiz und Nationalrat Hans Oprecht (Bruder der Buchhändlers Emil Oprecht) dazu auf, eine eigenständige schweizerische Genossenschaft „Büchergilde Gutenberg“ in Zürich zu gründen.

Die 5.000 Gildenmitglieder aus der Schweiz schlossen sich umgehend der Zürcher Büchergilde an, 1945 zählte diese über 100.000 Mitglieder. Als Verlagsbüro diente zu Beginn eine Dreizimmerwohnung, später Büros mit einem Ladenlokal.

Die Zürcher Büchergilde war bis 1945 für Exilautoren, aber auch für Schweizer Autoren und Illustratoren, die vom internationalen Markt abgeschnitten waren, von grosser Bedeutung. Doch in der Nachkriegszeit traten zunehmend Konkurrenten auf den Plan, z. B. die NSB oder der auch in der Schweiz aktive Europaring. 1987 musste die schweizerische Büchergilde ihren Betrieb einstellen. Seitdem haben die schweizerischen Gildenmitglieder ihre Bücher, aber auch ausgewählte Hörbücher, Musik-CDs und DVDs sowie weitere „Schöne Dinge“, bei der Zürcher Auslieferstelle der nach dem Krieg neu gegründeten deutschen Büchergilde bezogen.

Seit dem Fall der Preisbindung gibt es in der Schweiz keinen Zwangsbezug mehr; die einzige Verpflichtung als Mitglied ist der Erhalt des Magazins am Ende jedes Quartals. Seit Juni 2016 befindet sich nun die gesamtschweizerische Auslieferung der Büchergilde im ersten Stock der Hirschmatt Buchhandlung.

Im Programm der nach wie vor von keinem Konzern abhängigen Büchergilde haben niveauvolle Unterhaltung, klassische und zeitgenössische Literatur, Kontroverses, Ungewöhnliches und Wiederentdeckungen ihren Platz. Nur wenige Verlage leisten sich Illustrationen literarischer Texte. Die Büchergilde gehört dazu und wird denn auch praktisch jedes Jahr bei der Prämierung für die schönsten deutschen Bücher ausgezeichnet. Eine geschickte Programmpolitik und technisch vollendete Ausführung in nicht alltäglicher Ausstattung zu günstigen Preisen waren und sind heute noch oberstes Gebot der Büchergilde Gutenberg!

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Zeichnung von Hans Ticha