Sieben Tote und ein Fest


Die englische Schriftstellerin Margaret Kennedy versammelt in ihrem 1950 erstmals erschienenen Roman Das Fest eine skurrile Gesellschaft in einem abgeschieden gelegenen Hotel in Cornwall. Anstatt jedoch Erholung zu finden, werden die Gäste in jeder Ecke des Gebäudes von Beklemmungen befallen – bis die Idee zu einem Fest aufkommt.

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Sommer 1947. Eine herabfallende Felswand verschüttet an den Klippen Cornwalls das kleine Hotel Pendizack. Die Katastrophe fordert sieben Opfer – wie durch ein kleines Wunder entgehen alle diejenigen Gäste dem tödlichen Verhängnis, die zu diesem Zeitpunkt auf einem Felsplateau oberhalb ein Fest feiern. Nach dem Unglück stehen die Überlebenden unter Schock. Sie flüchten sich in die Klause von Pfarrer Bott und erzählen ihm von „erstaunlichen Dingen“, die sich in der Woche zuvor zugetragen haben sollen. Bott muss daraufhin die Leichenpredigt halten, was ihm nicht leichtfällt. Denn er ahnt, welch unheimliche Bedeutung das Unglück tatsächlich haben könnte.

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Bereits der Titel verrät, dass es mit dem Fest im Roman der Schriftstellerin Margaret Kennedy eine hintergründige Bewandtnis haben muss. Die Katastrophe findet just zum Zeitpunkt des Fests statt, was die Handlungsstränge, die die Autorin im Anschluss an den Prolog zu stricken beginnt, entschieden dynamisiert. Sie versetzt den Plot eine Woche vor das Unglück. Zentraler Handlungsort ist das malerisch an den wilden Klippen Cornwalls gelegene Hotel Pendizack. In seiner Abgeschiedenheit verflechten sich dort die Schicksale sowohl zwischen Gästen als auch den Bediensteten. Es kommt zu Annäherungen und Freundschaften, zu Anfeindungen und Übergriffen.

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So hetzt etwa die tratschsüchtige und neidzerfressene Haushälterin Ellis gegen das hübsche, hilfsbereite Hausmädchen Nancybel, die Hotelbetreiberin Mrs Siddal instrumentalisiert ihren ältesten Sohn Gerry, damit er das Studium ihrer jüngeren Söhne finanziert, auch weil ihr Mann der Trägheit so sehr verfallen ist, dass er nicht einmal mehr die dringlichsten Briefe öffnet. Die verzogenen Kinder der reichen Familie Gifford vereinnahmen auf gefährliche Weise die drei ahnungslosen, aber erlebnishungrigen Töchter der kaltherzigen Witwe Cove. Der vom Zorn getriebene Geistliche Wraxton und seine durch ihn verstörte Tochter sorgen für allgemeine Beklemmungen, weil niemand mit den Tobsuchtsanfällen des alten Mannes umzugehen weiß. Die zwielichtige Schriftstellerin Anna drängt sich gefallsüchtig an die Söhne der Hotelbesitzer, während sich ihr nach Ruhm strebender Chauffeur Bruce ernsthaft in das Dienstmädchen verliebt.

In diesem Zimmer trug die Dämmerung keine weichen Farben, sie war nur das Zusammensinken, der Tod des Tages. Und in der Stille dieses Zimmers lag kein Friede, keine Ruhe, sie war starr und leer.

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Insgesamt herrscht großes Chaos im Pendizack, als Mrs Paley, die zusammen mit ihrem verstockten Mann schon länger einförmige Tage im Hotel verlebt, endlich aus ihrer eigenen leidvollen Erstarrung ausbricht. Eines Nachts verlässt sie das Haus, um auf dem Felsplateau unter freiem Himmel zu schlafen. Dort macht sie eine Entdeckung, die nicht nur ihr eigenes Leben grundlegend verändern wird.

Der von Margaret Kennedys multiperspektivisch angelegte Roman Das Fest entpuppt sich als raffiniert zusammengestelltes Kunstwerk. Die Erfolgsautorin versteht es, mit typisch britischem Humor aus klugem Spott und ironischen Anspielungen, die Verstrickungen zwischenmenschlicher Beziehungen in Dialogen, Briefen oder Tagebuchnotizen lebensecht zu inszenieren. Es gelingt ihr, mit den an die Oberfläche gespülten Innenleben der Figuren Befindlichkeiten nachzuvollziehen und damit fast nebenbei Licht auf die moralische Verfasstheit der Menschen in der Nachkriegszeit zu werfen. Denn der kaum zurückliegende Krieg rauscht im Hintergrund des Geschehens stetig mit, und die zusammengewürfelte Salongesellschaft konfrontiert sich zwangsläufig selbst mit den elementaren Fragen um Schuld und Verantwortung. Dieser unterhaltsam kriminalistisch komponierte Gesellschaftsroman ist eine lesenswerte Wiederentdeckung und lässt reichlich Raum zum Nachdenken und Interpretieren.

Von Ute Süßbrich, streift in ihrer Freizeit gern durch Museen, skizziert und notiert ihre Eindrücke in kunstundkaffeeblog.wordpress.com

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Die Autorin

Margaret Kennedy (1896–1967) stammte aus einer großbürgerlichen Londoner Familie und studierte in Oxford. Bereits ihr zweiter Roman The Constant Nymph wurde 1924 zu einem weltweiten Bestseller, der bereits drei Mal verfilmt wurde. Fünfzehn weitere, ebenso erfolgreiche Romane folgten. Kennedy hatte drei Kinder, eine ihrer Töchter und eine Enkelin wurden ebenfalls Schriftstellerinnen.


Die Übersetzerin

Mirjam Madlung hat Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte studiert und eine Ausbildung zur Buchhändlerin gemacht. Sie arbeitet für verschiedene Verlage als freie Lektorin und Übersetzerin aus dem Niederländischen, Deutschen, Englischen und Französischen.